Ravel Maurice: JEUX D'EAU

Maurice Ravel (1875-1937) schrieb sein Klavierstück JEUX D'EAU im Jahr 1901. Es ist seinem Lehrer Fauré gewidmet ("à mon cher mâitre Gabriel Fauré"), eine öffentliche Erstaufführung erfuhr das Werk im April 1902 mit dem Pianisten und engen Ravel-Freund Ricardo Viñes.
Folgende Gedichtzeile aus "Fête d'eau"[La Cité des eaux] von Henri de Régnier ist dieser Musik vorangestellt: "Dieu fluvial riant de l'eau qui le chatouille..." (zu übersetzen mit: "Ein Flussgott, über das Wasser lachend/sich lustig machend über das Wasser, das ihn kitzelt/umschmeichelt...").
In seiner 'autobiographischen Skizze' (1928) bemerkt Ravel: "Die Jeux d'Eau, 1901 erschienen, stehen am Anfang aller pianistischen Neuerungen, die man in meinem Werk festzustellen glaubte. Dieses Stück, inspiriert vom Wassergeräusch und von Musikklängen, die Springbrunnen, Wasserfälle und Bäche zu hören geben, gründet sich auf zwei Themen - nicht unähnlich der Exposition einer Sonate - ohne sich aber dem klassischen Tonartenplan zu unterwerfen."
Die "pianistischen Neuerungen" sind geradezu revolutionär, der Komponist entlockt dem Instrument hier auch und besonders in den extremen hohen Registern Klänge von nie dagewesener Plastizität und Durchsichtigkeit. Facettenreiches, farbiges Klangspiel entsteht.
Satztechnische Grundlage in Jeux d'Eau ist ein "nicht-thematischer konstruktiver Prozess", die "Ableitung organisierender Prinzipien aus der Struktur selbst". Ravel unternimmt hier den Versuch, die Mittel der virtuosen Konzeption zur Form werden zu lassen ("Lisztsches Konzept" - vgl. dazu dessen 'Jeux d'eau de la Villa d'Este' [Années de Pélerinage III].
Diastematisch gesehen gibt es in 'Jeux d'Eau' eine Zelle aus Quart- und Sekundintervallen, ja ein ausgeprägtes harmonisches Gefüge aus Klängen/Akkorden, bestehend aus den strukturellen Intervallen Quinte, Quarte und Sekunde, das in einem komplexen, sowohl linear als auch vertikal orientierten System konstruktiv wirkt.
Ravels frühes Meisterwerk gehört zu den pianistisch interessantesten Klavierstücken des beginnenden 20. Jahrhunderts überhaupt, in technisch-musikalischer Hinsicht erfordert es vom Interpreten ein Höchstmaß an Können.