Kurtag Gyoergy: JATEKOK 2 (SPIELE FUER KLAVIER)

Betrachtet man die Entwicklung klavierpädagogischer Literatur im 20. Jahrhundert, die sich zum Ziel gesetzt hat, in den Prozess des Erlernens des Instrumentes Klavier die Herausforderungen und Besonderheiten zeitgenössischer Klaviermusik in ihren Grundlagen miteinzubeziehen, so sind zwei Komponisten zu nennen, die auf ihre spezielle Art und Weise diesbezüglich Maßstäbe gesetzt haben: Béla Bartók (1881-1945) und György Kurtág (* 1926).
Letzt genannter hat mit seiner insgesamt achtbändigen Reihe Jatekok, von der hier JATEKOK 2 (SPIELE FUER KLAVIER) vorliegt, ein in gewisser Weise revolutionäres pädagogisches Klavierwerk geschaffen:
György Kurtag handelt aus dem Erfahrungsschatz und der handwerklichen Kenntnisse eines Komponisten heraus (nebenbei bemerkt: Kurtag ist ebenso ein sehr guter Pianist!). In seinem Werk Jatekok fließen viele Komponenten zusammen. Seine Kompositionen berücksichtigen Spieltechniken zeitgenössischer Klaviermusik als strukturelle Elemente, gleichzeitig sieht er sie aber auch "pädagogisch", indem er das haptische (unmittelbare körperliche Erfahrung bei der Klangerzeugung) mit dem musikalischen eng verknüpft (Ausdifferenzierung des 'Primär-Materials' - z.B. vom diatonischen Cluster zum einzelnen Ton). Die Zielsetzung dabei ist in jeder Beziehung dieselbe: die Qualität der Tongebung, die Fähigkeit zu Klangvorstellung und musikalischer Gestaltung.
In Jatekok Band 2 findet diese Maßgabe der gestalterischen Ausdifferenzierung beispielsweise einen Kulminationspunkt in den '12 Mikroludien'.
Das aus heutiger Sicht klavierpädagogisch äußerst interessante Werk sollte immanenter Bestandteil der Unterrichtspraxis, besonders im Unter- und Mittelstufenbereich werden. Das Material ist nämlich nicht "didaktisch aufbereitet", sondern es handelt sich um "Primärsubstanz" aus der Feder eines erfahrenen Komponisten und Pianisten.
Kurtags Werk leistet einen sinnvollen Beitrag zum Verstehen und Gestalten von Klavierkompositionen des 20. Jahrhunderts.
Die einleitenden Worte des Verfassers aus dem beiliegenden Kommentar zu Jatekok sind: "Die Anregung zum Komponieren der "Spiele" hat wohl das selbstvergessene Kind gegeben. Das Kind, dem das Instrument noch ein Spielzeug ist."