Ravel Maurice: MA MERE L'OYE

Wenn ein Komponist Musik schreibt, die sich inhaltlich gesehen mit der sogenannten "Kinderwelt" auseinandersetzt, so stellt sich im gegebenen Zusammenhang sofort die Frage, ob es sich nicht vielleicht gedanklich um die sehnsuchtsvolle Rückwendung des Blicks in die eigene Kindheit handelt.
Im Falle von Maurice Ravels MA MERE L'OYE -- Cinq pièces enfantines pour piano à quatre mains (1908), einem mit der populärsten Meisterwerke des Komponisten, welches sich vom Inhalt her mit der Märchenwelt, basierend auf der Grundlage von Erzählungen Charles Perraults befasst, könnte man der Beantwortung dieser Frage am ehesten näher kommen, wenn man das gesamte Musik-Schaffen Ravels im Blick hat, und sich darüber im Klaren wird, dass dieser Komponist in den meisten seiner Werke Geschichten und Figuren aufleben lässt, die einer höchst geheimnisvollen, aber durchaus farbenprächtigen gedanklichen Welt entspringen.
Ma mère l'oye, übersetzbar mit "Meine Mutter, die Gans" fungiert hier als Märchenerzählerin. Die Titel der insgesamt fünf Stücke lauten: I._Pavane de la Belle au bois dormant., II._Petit Poucet, III._Laidornette, Impératrice des Pagodes, IV._Les entretiens de la Belle et de la Bête, V._Le jardin féerique. Mit Ausnahme des ersten und letzten Stückes sind den einzelnen Nummern kurze Auszüge aus den betreffenden Märchen in Textform vorangestellt (französische Sprache).
Der ganze Zyklus lässt deutlich werden, mit welch hoch entwickeltem musikalischen Gespür Ravel hier zu Werke geht, und mit seiner kristallklaren, bildhaften Tonsprache die Märchenfiguren zum Leben erweckt.